Stellungnahme zum Haushalt 2023 in der Stadtverordnetenversammlung am 12. Dezember 2023

Wir, die SPD-Fraktion nehmen zu unserem vorgesehenen Haushalt wie folgt Stellung.

Wie all die Jahre zuvor ist die Einbringung, die Beratung bis hin zur Verabschiedung nur mit einem sehr kleinen Zeitfenster versehen worden.

So konnten Erkenntnisse von einer Haushaltsklausur mit einem externen Moderator am 3. Dezember genauso wenig in die Beratungen einfließen, wie die der Beratung durch den Hessischen Rechnungshof am 5. Dezember 2022.

Wenn wir alle Erkenntnisse ernst nehmen wollten, könnten wir heute den Haushalt nicht beschließen, sondern müssten noch einige Änderungen vornehmen.

Viele Haushaltspositionen sind überdimensioniert. Leider ließ sich bei Haushaltspositionen, die sich wesentlich von dem Ist-Ergebnis von 2021 unterscheiden, keine Gründe finden, die Rückschlüsse auf das Zustandekommen der Zahlen zulassen. Ein Plan von 2022 ist nicht hilfreich, ein Quartalsbericht zum Oktober 2022 wurde für Mitte November angekündigt und gibt es erst heute - Mitte Dezember.

Im Einzelnen sind uns noch folgende Dinge aufgefallen:

Im Haushaltplan 2023 werden die Ausgaben zu den Investitionen im Rahmen der Hessenkasse durch die Einnahmen, die im selben Jahr von der Hessenkasse zurückfließen sollen, ausgeglichen.
Vergleicht man früher geförderte Projekte miteinander, sollte der Blick auf die KIP-Förderung aus der Haushaltsplanung 2017/2018 gerichtet werden. Auch hier wurden Projekte gefördert und größtenteils 2018 abgeschlossen, – und wann fand oder besser findet die Gegenfinanzierung statt? Richtig: nachdem die Verwendungsnachweise durch die Verwaltung bei der WI-Bank eingegangen sind. Im vorliegenden Fall am Ende dieses Jahres, also im Haushaltsjahr 2022, nach ganzen vier Jahren.
Damit solche zeitlichen Versäumnisse nicht wieder vorkommen, wurde heute ein Akteneinsichtsausschuss zu diesem Thema von der Liste beantragt.

Bleiben wir bei den geförderten Projekten:

Ende 2019 wurde von den Stadtverordneten der Magistrat beauftragt, die Projektbeschreibung für die Sanierung des Brunnenhauses (Gertrudisbrunnen) zu erstellen und die Förderfähigkeit über Leader prüfen zu lassen. Im Haushalt 2020 sollten Mittel für die Sanierung in den Haushalt aufgenommen werden. Im Haushalt 2021 wurden für das Brunnenhaus in Biskirchen 130.000,00 € zur Verfügung gestellt. Das Projekt wurde durch Versäumnisse in der alten Förderperiode von Leader nicht zum Abschluss gebracht.

Wäre das Projekt umgesetzt worden, hätte der Zuschuss im Leaderprogramm 85 % betragen. Nun werden es in der neuen Leaderperiode wahrscheinlich nur maximal 75 % und gleichzeitig stiegen die Baukosten in den letzten 2 Jahren enorm.

Somit wird die Stadt Leun Mehrkosten tragen müssen: Weniger Förderquote und gestiegene Baukosten.

Dass Haushaltsmittel für das Brunnenhaus eingestellt werden, ist im Übrigen auf die Initiative von Stadtverordneten der Liste zurückzuführen, die auf Leader zugegangen sind, damit dieses Projekt noch umgesetzt wird.

Das ist nicht das einzige Projekt, in der es an Initiative des Bürgermeisters gefehlt hat.

Auch der Bürgerbus, der Bürgerwald, die Dorfmoderation, die Klimageräte für die Kindergärten, die Unterbringung der Wald- und Wiesengruppe in einem Bauwagen, der Umbau des Rathauses zur sicheren Benutzbarkeit und die 50-Jahr-Feier der Stadt Leun wurden von Fraktionsmitglieder der Listenverbindung SPD, FWG, Bündnis90/Die Grünen angeschoben. Keine dieser Projekte wurden vom Bürgermeister angestoßen oder aktiv unterstützt. Dies gilt auch für das nun vorliegende Radwegekonzept des Lahn-Dill-Kreises, dass von mir (Michael Hofmann) mit den Ortsbeiräten überarbeitet wurde.

Hier noch ein aktuelles Beispiel unnötiger Erhöhung der Kosten durch Unterlassung:

Bei den nun anzuschaffenden Notstromaggregaten, die im Haushalt mit 150.000 Euro veranschlagt sind, wären die hohen Ausgaben vermeidbar gewesen, hätte der Bürgermeister Engagement gezeigt. Dann wäre er schon im März aktiv geworden, nachdem die Dringlichkeit durch die Ausarbeitung des Stadtbrandinspektors und der Empfehlung der Bürgermeisterdienstversammlung vorlagen.

Was fehlte uns noch bei den Haushaltsberatungen?

Die Untersuchung der Organisationsstruktur in der Verwaltung wurde nicht umgesetzt – Geschäftsverteilungsplan und Arbeitsplatzbeschreibungen sind nicht vorgelegt.

Wäre der Antrag der Liste zu dieser Analyse aus August schon durchgeführt, hätte diese uns sicherlich auch ein positiveres Ergebnis im Haushalt gebracht und wir könnten den Stellenplan aktiver gestalten.

Doch ohne Wissen über die Abläufe in der Verwaltung und der Bewertung der vorhandenen Ressourcen ist keine Entscheidungsgrundlage vorhanden, die neu geschaffenen Stellen im Stellenplan 2023 beurteilen zu können.

Im letzten Jahr hat die CDU-Fraktion sich gegen die Stellenbesetzung eines Forstwirt-Azubis ausgesprochen und wurde von der Verwaltung unterstützt. Dieses Jahr ist es plötzlich notwendig eine gut dotierte Stelle für einen Kita-Koordinator zu schaffen.

Was ist uns noch zum Haushalt aufgefallen?

Der Radwegeanschluss nach Greifenstein - ebenfalls keine Initiative des Bürgermeisters:

Im Haushalt sieht es so aus, dass wir Leuner alle Kosten tragen. Dass Greifenstein hier an den Kosten und der Förderung beteiligt ist, wurde nicht dargestellt. Auch Greifenstein bekommt immerhin eine 75 % Förderung, aber die Gesamtausgaben für die Radverbindung in Höhe von 2,1 Mio Euro stehen im Haushalt von Leun, da man den Anteil nicht beziffern kann. Der Greifensteiner Haushalt sieht hier eine Eigenbeteiligung von 160.000 Euro vor. Dort kann man anscheinend genauer planen. Ein Anruf dort hätte genügt.

Ökopunkte: Die Ökopunkte wurden mit einem erheblichen Plus in den Haushalt eingestellt. Ebenso wie Einnahmen durch die Windkraftanlage, obwohl in den Beratungen immer wieder vom Bürgermeister darauf hingewiesen wurde, dass der Haushalt zurückhaltend zu erstellen ist. Also Ausgaben eher höher und Einnahmen eher geringer zu bewerten.

Noch auffallend ist, dass im Vorbericht darauf hingewiesen wird, dass bedingt durch den allgemeinen demografischen Trend die meisten deutschen Kommunen einen Bevölkerungsrückgang sowie eine zunehmend alternde Bevölkerung zu verzeichnen haben und dass dies für die Zukunft eine Anpassung der kommunalen Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Senioren erfordert.

Im Haushalt ist die Förderung von Kindern und Jugendlichen sowie Senioren nicht dargestellt. Es wird aber von uns erwartet, zukünftig vermehrt die sozialen Belange besser im Auge zu haben z.B. Familienzentrum, Sozialarbeiter.

Welche Punkte sind uns 2022 noch aufgefallen und sollten 2023 kein Thema mehr sein?

Beschlusskontrolle: Die Chance, Beschlüsse nachzuverfolgen wird den Parlamentariern genommen, da die Beschlusskontrolle nicht ordentlich zeitnah dokumentiert wird.

Der Städtebauliche Vertrag für das Seniorenzentrum in Leun fehlt immer noch. Wann wird dieser endlich abgeschlossen? Es entsteht der Eindruck, dass die Entscheidung verschleppt wird. Der neue Investor wartet. Aber wie lange noch?

Noch eine positive Feststellung am Ende:

Leun ist um eine touristische Attraktion reicher!

Wir haben jetzt im Hollergewann eine Tempelanlage, die einer griechischen Akropolis täuschend ähnlich sieht – 23.000 m2 Gewerbefläche mit bis zu 10 möglichen Mitarbeitern. Oder besser bis zu 10 Tempelwächtern. Über den Verkauf freut sich der Bürgermeister seit 2019. Doch bis heute hat BFT seine Betriebsanlage nicht fertiggestellt. Gewerbesteuereinnahmen: Fehlanzeige.

Uns ist es als SPD-Fraktion wichtig, dass wir einen transparenten Haushalt haben, aus dem für alle herauszulesen ist, wofür unser Geld ausgegeben wird.

Wichtigste Maßnahmen, auf die wir im Jahr 2023 achten werden:

Den Bau des Feuerwehrhauses endlich beginnen

Den Radwegeanschluss Ulmtal/Lahnradweg durchführen

Die wiederkehrenden Straßenbeiträge vorantreiben, damit dringende Kanal- und Straßensanierungen durchgeführt werden können.

Wir werden den von uns durchgearbeiteten, in den Ausschusssitzungen beratenen und mit unserer Fraktion abgestimmtem Haushaltsplan zustimmen, obwohl hier bei der Aufstellung und Darstellung der Zahlen noch Luft nach oben ist.

Der SPD-Fraktion fehlt der Finanzstatusbericht genauso wie das Haushaltsicherungskonzept. Diese Unterlagen wären für die Beratung des Haushaltes sicherlich hilfreich gewesen, doch laut Verwaltung ist hier die Vorlage wohl nicht zwingend erforderlich.

Als Hinweis an den Bürgermeister geben wir, den Haushalt noch einmal bezüglich Rechtschreib- und Zahlen-Übertragungsfehlern zu überprüfen, bevor er der Kommunalaufsicht zur endgültigen Prüfung und Genehmigung vorgelegt wird.

Wir sehen natürlich auch, dass es viel Arbeit birgt, einen Haushalt aufzustellen.

Dafür ein herzliches Dankeschön allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, die dieses Werk aufgestellt haben.

Verwunderlich ist allerdings, dass sich der Magistrat nur an einem Vormittag für 2,5 Stunden mit dem Haushaltsentwurf befasst hat und dann den Stadtverordneten zur Durcharbeit und Beratung vorlegte.

Im Namen der SPD-Fraktion

Michael Hofmann